Deine ersten Wochen als Iaido Anfänger fordern Konzentration, Genauigkeit und ein starkes Gefühl für deinen eigenen Körper. Als Anfänger erfährst du schnell: Einfach wirkende Bewegungen sind nicht einfach auszuführen. Das liegt an einigen typischen Herausforderungen.
Zu viel Kraft, zu wenig Struktur
Viele Anfänger möchten ihr Schwert mit voller Motivation ›stark‹ einsetzen, um ›auf den Punkt zu kommen‹. Ein Beispiel ist der senkrechte Schnitt (Tate-giri 縦切り). Er soll deutlich akzentuiert werden und einen klaren Schnittsound (Sae*) erzeugen. Doch reine Kraft kann eine saubere Bewegung nicht ersetzen.
Wichtig ist, dass du Schnitt und Körperhaltung von Beginn an klar strukturierst. Wenn dein Körper und deine Füße stabil ausgerichtet sind und du die Bewegung mit gestrecktem linken Arm aus einer starken Körpermitte steuerst, findet das Schwert fast von allein seinen idealen Weg. Gutes Eindrehen der Hände zum Ende (Tenouchi) sorgt für Präzision und den gewünschten Effekt des Schnitts.
Unklare Start- und Endpositionen
Was für die Schwertbewegung gilt, setzt sich im ganzen Körper fort. Vom ersten Moment einer Kata bis zum letzten Schritt musst du wissen, wo dein Körper steht, wohin dein Blick geht und wie du dein Schwert führst. Schon bei den Aufwärmübungen mit dem Schwert (Suburi) wird klar: Jeder Punkt hat eine Funktion, nichts geschieht ›irgendwie‹.
Die reine Fokussierung auf die Schwertbewegung hat einen großen Nachteil. Oft finden die Bewegungen am Anfang zu ›verkrampft‹ und muskulär im Schulter- und Brustbereich statt. Das gilt es zu vermeiden. Ein gut trainierter Körper hilft am Ende der Schwertbewegung, diese auszugleichen und zu kontrollieren.
Das Ziehen des Schwertes (Nukitsuke) – Kraft aus der Körpermitte
Eine der Schlüsselbewegungen im Iaido ist das Ziehen und Schneiden des Schwertes. Dabei kommt die Kraft nicht einfach aus den Armen, sondern idealerweise aus dem Hara – deinem Körperschwerpunkt. Im westlichen Bewegungsverständnis hat man dafür die Begriffe ›Core‹ oder ›Powerhouse‹ entdeckt. Es ist die tiefe Rumpfmuskulatur um Bauch, Rücken und Becken, die für Stabilität, Balance und Kraftübertragung sorgt.
Wenn du beim Ziehen bewusst diesen Kern aktivierst, bewegst du das Schwert flüssiger, kontrollierter und mit weniger Anstrengung. Gleichzeitig sinkt die Gefahr von Sportverletzungen, weil die Bewegung aus der richtigen Körpermitte kommt und nicht nur aus den Gelenken.
Zu schnelle Abläufe
Anfangs ist das Bedürfnis groß, die ganze Kata möglichst flott zu zeigen. Doch wenn du Tempo vor Präzision stellst, verlierst du leicht die Kontrolle über Schnittwinkel, Schwertführung und Körperhaltung. Ein besserer Weg: Setze jede Bewegung einzeln klar. Später kannst du in einen bewusst fließenden Ablauf übergehen.
Zanshin – Konzentration überall als Prinzip
Zanshin 残心 bedeutet ›bleibende Aufmerksamkeit‹. Es ist ein Zustand, in dem Körper und Geist auch nach dem Schnitt fokussiert und präsent bleiben. Für Anfänger ist es nicht immer einfach, diese Konzentration über die gesamte Technik aufrechtzuerhalten. Aber genau das gibt der Bewegung ihre Vollständigkeit und Ausdruckskraft.
Zanshin ist keine zusätzliche Handlung, sondern die natürliche Fortsetzung von Fokus und Haltung. Es ist eine Präsenz, die nach einer Haupttechnik für alles weitere Verhalten bestehen sollte.
Fehlende Kontrolle bei einfachen Bewegungen
Das Zurückstecken des Schwertes (Nōtō) wirkt oft unscheinbar, ist technisch aber anspruchsvoll. Viele betrachten es als unwichtige Abschlussbewegung und lassen in ihrer Konzentration nach. Das führt zu unsauberen Bewegungen oder sogar zu Selbstverletzungen, wenn du mit einem scharfen Schwert (Shinken) übst.
Die Iaido-Form lehrt dich, auch in diesem scheinbar unbedeutenden Moment mit starker Konzentration zu agieren. Der Feind oder seine Verbündeten könnten jederzeit erneut angreifen (vergleiche mit Kata Inyoshintai).
Fazit
Iaido ist kein bloßes Aneinanderreihen von Bewegungen, sondern ein Zusammenspiel von Technik, Haltung, Aufmerksamkeit und innerer Ruhe. Wer von Anfang an bewusst übt, schafft die Basis für ein sauberes, kraftvolles und authentisches Schwertziehen. Keine Sorge: Fehler sind keine Hindernisse, sondern Wegweiser zu weiteren Lernschritten – Ganbatte!